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BioCar Geschichte und Geschichten - Teil 29
Kammermotoren und Direkteinspritzer
Rudolf Diesel hat bis zu seiner Entscheidung, einen eigenen Weg zu gehen,
als Ingenieur für Kälteanlagen gearbeitet. Nach Lindeís Erfindung der
Kältemaschine gab es große Nachfrage nach diesen Anlagen und entsprechend
viel Beschäftigung mit Maschinen, die Gase komprimieren. Daraus entwickelte
sich R.Diesels Idee eines neuen Motors mit sensationell geringem
Kraftstoffverbrauch. Bis es zur Vorstellung dieses Motors kam, hatte Diesel
enorme Probleme zu überwinden. Es brauchte tatsächlich Jahre, bis sein
Versuchsmotor endlich aus eigener Kraft lief.
Wegen dieser praktischen Probleme konnte Diesel sich nicht um die
Feinheiten kümmern. So war ihm theoretisch vollkommen klar, wie man aus
seiner Maschine bei geringstem Energieeinsatz die größte Kraft entnehmen
konnte. Hätte er nicht unter riesigem Zeit- und Erfolgsdruck gestanden,
wäre schon der Unterschied zwischen Kammermotoren und Direkteinspritzern
von Diesel selbstpraktisch herausgestellt worden. Sein Versuchsmotor war
ein Kammermotor.
Nach Diesels plötzlichem Tod ruhte die Weiterentwicklung fast 20 Jahre
lang. Im Deutschen Museum kann man an einem Originalmotor
(4-Zyl.-Reihenmotor) betrachten, wie Daimler-Benz die Dieselidee wieder zum
Leben erweckte. Mit diesem gut durchdachten Kammermotor begann der
eigentliche Siegeszug der Ideen Rudolf Diesels. Gleichzeitig stellten die
Motorenentwickler die Weichen neu. Wenn es nicht entscheidend war, ob eine
Maschine laut oder leise lief, gab man dem Direkteinspritzer den Vorrang
wegen des geringeren Verbrauchs. In einem PKW war die Geräuschentwicklung
des Dieselmotors ein größeres Verkaufshindernis, wenn man sich daneben ein
Auto mit Otto-Motor vorstellte. Wer vor der Wahl stand, musste schon gute
Gründe haben, sich für ein derart lärmendes Fahrzeug zu entscheiden. Ein
bekannter Autotester schrieb einmal, ein kalt gestarteter Dieselmotor
klingt Ñ ... wie wenn man Eierkohlen auf ein Blechdach schüttet.ì
Und das war in diesem Test ein Kammermotor.
Trotzdem hielten Ende der 80 Jahre die Konstrukteure die Zeit für reif,
auch im PKW den Direkteinspritzer einzuführen. Diese Pionierarbeit
erledigte Volkswagen/AUDI, allerdings nicht ohne tätige Mithilfe von Ludwig
Elsbett. (ÑHerr Elsbett, es wird nie Direkteinspritzer im PKW geben, die
sind viel zu laut!ì) Wie man sich so irren kann.
Aber oft genug in der Geschichte werden Irrtümer mitgeschleppt und
behindern die Beschäftigung mit dem Naheliegenden. So sehe ich auch die
Aussage im ÑGelben Heft 40ì, der großen Rapsölstudie des Bayr.
Landwirtschaftsministeriums in der Ausgaben von 1992: (Seite 39)
"Die Viskosität ist die wichtigste physikalische Größe, die den Einsatz von Pflanzenöl im Dieselmotor, besonders im direkteinspritzenden
Motor, für den Langzeitbetrieb unmöglich macht..."
Wenn es wirklich nur die Viskosität ist, warum verändert man dann die
Viskosität nicht. Am einfachsten lässt sich die Viskosität von Pflanzenöl
durch Erhitzen verändern. Das ist also der einfachste Lösungsweg: Gezieltes
Erhitzen.
Aber die o.g. Aussage ist noch in anderer Hinsicht von Anfang an falsch
gewesen. Denn Elsbetts Motoren liefen in dieser Zeit schon lang mit reinem
Pflanzenöl und es waren Direkteinspritzer. Niemand ist ein Vorwurf zu
machen. Jahrhunderte lang war man der Meinung, die Erde ist flach wie ein
Teller und am Rand stürzt man ab. Sich irren ist menschlich und der Kampf
gegen den Irrglauben eine nie endende Aufgabe.
Am wirksamsten verdrängt man die Irrtümer durch Beweisen des Gegenteils.
Das ist dem ersten Weltumsegler perfekt gelungen, Elsbett mit seinen
Motoren und mir mit den beheizten Zweitanksystemen. Aber bis die Wahrheit
in allen Köpfen ist, das braucht Zeit. Bei Galileo Galilei (1564-1642), der
kühn behauptet hat, die Erde wäre nicht im Mittelpunkt unseres
Planetensystems, immerhin schlappe 300 Jahre.
Im Frühjahr 1998 baute ich den ersten GOLF TDI um, nachdem mich der
Besitzer Bloos bei der Biomasse- Veranstaltung von CARMEN im Herbst 1997
mit meinen Altfett-Mustergläschen gesehen hat.
Tatsächlich gibt es aber schon entscheidende Unterschiede beim Betrieb mit
dem schwer entflammbaren Kraftstoff Pflanzenöl im Direkteinspritzer. Der
Kammermotor ist ziemlich problemlos auf Dauer mit Pflanzenöl oder Fetten zu
betreiben. Dafür sorgt eben die Kammer. Sie wird im Betrieb so heiß, dass
praktisch der gesamte eingespritzte Sprit verdampft und verbrennt. Durch
die räumliche Trennung von Kammer und Zylinder und der Engstelle
dazwischen, findet der schwer entflamm-bare biogene Kraftstoff günstige
Bedingungen vor. Im Betrieb wird die (Stahl) Kammer leicht über 300 Grad
heiß und die durch die vorbeizischenden Flammfronten andauern erhitzte
Glühstiftkerze sorgt für gute Durchmischung und Verbrennung. Der durch den
Flammkanal in den Zylinder eindringende Gasstrom ist schon weniger heiß und
kann den Leichtmetall-Kolben nicht schädigen. Zwar hat der Kammermotor
durch den Wärmeverlust in der Kammer einen niedrigeren Wirkungsgrad, er
kommt jedoch in seiner Beschaffenheit den Eigenheiten der biogenen
Kraftstoffe entgegen.
Beim Direkteinspritzer geht der Vorteil der Kammermotoren verloren. Ein
weiterer Nachteil ist die Verwendung von Mehrlochdüsen statt der
Zapfendüsen. Zapfendüsen (eine Diesel-Idee) sind perfekte Konstruktionen.
Sie sind vergleichsweise einfach gebaut und nichts kann sich zusetzen. Die
Mehrlochdüse vermag zwar den Kraftstoff unter günstigen Bedingungen feiner
versprühen, die hat sie aber im Betrieb mit naturbelassenen biogenen
Treibstoffen nicht. So setzen sich u.U. eins oder mehrere der winzigen
Bohrlöcher im Teillastbetrieb zu mit der unangenehmen Folge, dass sie bei
Voll-Last zubleiben und die Gesamtmenge durch weniger Löcher abgespritzt
wird. Der Flammstrahl wird dann länger und die Kolben werden überhitzt. Das
endet in einem Totalschaden.
Der für DK konstruierte Direkteinspritzer überlebt den Dauerbetrieb mit den
zähen Alternativen nur, wenn er regelmäßig auch reinen Dieselkraftstoff
verarbeiten kann. Das ist beim Zweitanksystem und der vernünftigen
Anwendung gegeben. Nur mit dem Intervall-Betrieb und den im
Dieselkraftstoff wirksamen Additiven kann man die Schwachstellen der
modernen Direkteinspritzer umgehen. Neben den Mehrlochdüsen sind das die
hitzeempfindlichen Kolben, die schon schlappmachen, wenn die
Bio-Kraftstoffe am besten verdampfen. Deshalb wären Stahlkolben oder
wenigstens Stahleinsätze die richtige Lösung. Die baute Ludwig Elsbett in
seine Dreizylinder und Dr. Kampmann von AAN in seine Stationärmotoren. Auch
im reinen Dieselbetrieb hätten solche modifizierten Kolben mehr Vor- als
Nachteile, die Konstrukteure sind aber auch hier auf einem Auge blind.
In Zukunft wird der direkteinspritzende Dieselmotor immer mehr Terrain
erobern und die Tüftler sind aufgerufen, diese Motoren
pflanzenöl-tauglicher zu machen als sie jetzt sind. Mit unserer
Feinsteuerung über die BioCar- Computer und der Möglichkeit, Temperaturen
und Dieselmischungen an die Bedürfnisse anzupassen, sind wir auf einem
guten Weg. Aber auch die neuen, synthetischen Motorenöle machen neue
Probleme, die gelöst werden müssen.
Fortsetzung folgt
Übersicht BioCar StoryCopyright G.Lohmann - Letzte Änderung 12.1.2003