G. Lohmann Prototypenbau, 81541 München, Welfenstraße12, Tel/Fax 089/484837
 
 

BioCar Geschichte und Geschichten - Teil 29

Kammermotoren und Direkteinspritzer

Rudolf Diesel hat bis zu seiner Entscheidung, einen eigenen Weg zu gehen, als Ingenieur für Kälteanlagen gearbeitet. Nach Lindeís Erfindung der Kältemaschine gab es große Nachfrage nach diesen Anlagen und entsprechend viel Beschäftigung mit Maschinen, die Gase komprimieren. Daraus entwickelte sich R.Diesels Idee eines neuen Motors mit sensationell geringem Kraftstoffverbrauch. Bis es zur Vorstellung dieses Motors kam, hatte Diesel enorme Probleme zu überwinden. Es brauchte tatsächlich Jahre, bis sein Versuchsmotor endlich aus eigener Kraft lief. Wegen dieser praktischen Probleme konnte Diesel sich nicht um die Feinheiten kümmern. So war ihm theoretisch vollkommen klar, wie man aus seiner Maschine bei geringstem Energieeinsatz die größte Kraft entnehmen konnte. Hätte er nicht unter riesigem Zeit- und Erfolgsdruck gestanden, wäre schon der Unterschied zwischen Kammermotoren und Direkteinspritzern von Diesel selbstpraktisch herausgestellt worden. Sein Versuchsmotor war ein Kammermotor.

Nach Diesels plötzlichem Tod ruhte die Weiterentwicklung fast 20 Jahre lang. Im Deutschen Museum kann man an einem Originalmotor (4-Zyl.-Reihenmotor) betrachten, wie Daimler-Benz die Dieselidee wieder zum Leben erweckte. Mit diesem gut durchdachten Kammermotor begann der eigentliche Siegeszug der Ideen Rudolf Diesels. Gleichzeitig stellten die Motorenentwickler die Weichen neu. Wenn es nicht entscheidend war, ob eine Maschine laut oder leise lief, gab man dem Direkteinspritzer den Vorrang wegen des geringeren Verbrauchs. In einem PKW war die Geräuschentwicklung des Dieselmotors ein größeres Verkaufshindernis, wenn man sich daneben ein Auto mit Otto-Motor vorstellte. Wer vor der Wahl stand, musste schon gute Gründe haben, sich für ein derart lärmendes Fahrzeug zu entscheiden. Ein bekannter Autotester schrieb einmal, ein kalt gestarteter Dieselmotor klingt Ñ ... wie wenn man Eierkohlen auf ein Blechdach schüttet.ì Und das war in diesem Test ein Kammermotor.

Trotzdem hielten Ende der 80 Jahre die Konstrukteure die Zeit für reif, auch im PKW den Direkteinspritzer einzuführen. Diese Pionierarbeit erledigte Volkswagen/AUDI, allerdings nicht ohne tätige Mithilfe von Ludwig Elsbett. (ÑHerr Elsbett, es wird nie Direkteinspritzer im PKW geben, die sind viel zu laut!ì) Wie man sich so irren kann. Aber oft genug in der Geschichte werden Irrtümer mitgeschleppt und behindern die Beschäftigung mit dem Naheliegenden. So sehe ich auch die Aussage im ÑGelben Heft 40ì, der großen Rapsölstudie des Bayr. Landwirtschaftsministeriums in der Ausgaben von 1992: (Seite 39)

"Die Viskosität ist die wichtigste physikalische Größe, die den Einsatz von Pflanzenöl im Dieselmotor, besonders im direkteinspritzenden Motor, für den Langzeitbetrieb unmöglich macht..."

Wenn es wirklich nur die Viskosität ist, warum verändert man dann die Viskosität nicht. Am einfachsten lässt sich die Viskosität von Pflanzenöl durch Erhitzen verändern. Das ist also der einfachste Lösungsweg: Gezieltes Erhitzen. Aber die o.g. Aussage ist noch in anderer Hinsicht von Anfang an falsch gewesen. Denn Elsbetts Motoren liefen in dieser Zeit schon lang mit reinem Pflanzenöl und es waren Direkteinspritzer. Niemand ist ein Vorwurf zu machen. Jahrhunderte lang war man der Meinung, die Erde ist flach wie ein Teller und am Rand stürzt man ab. Sich irren ist menschlich und der Kampf gegen den Irrglauben eine nie endende Aufgabe. Am wirksamsten verdrängt man die Irrtümer durch Beweisen des Gegenteils. Das ist dem ersten Weltumsegler perfekt gelungen, Elsbett mit seinen Motoren und mir mit den beheizten Zweitanksystemen. Aber bis die Wahrheit in allen Köpfen ist, das braucht Zeit. Bei Galileo Galilei (1564-1642), der kühn behauptet hat, die Erde wäre nicht im Mittelpunkt unseres Planetensystems, immerhin schlappe 300 Jahre. Im Frühjahr 1998 baute ich den ersten GOLF TDI um, nachdem mich der Besitzer Bloos bei der Biomasse- Veranstaltung von CARMEN im Herbst 1997 mit meinen Altfett-Mustergläschen gesehen hat.

Tatsächlich gibt es aber schon entscheidende Unterschiede beim Betrieb mit dem schwer entflammbaren Kraftstoff Pflanzenöl im Direkteinspritzer. Der Kammermotor ist ziemlich problemlos auf Dauer mit Pflanzenöl oder Fetten zu betreiben. Dafür sorgt eben die Kammer. Sie wird im Betrieb so heiß, dass praktisch der gesamte eingespritzte Sprit verdampft und verbrennt. Durch die räumliche Trennung von Kammer und Zylinder und der Engstelle dazwischen, findet der schwer entflamm-bare biogene Kraftstoff günstige Bedingungen vor. Im Betrieb wird die (Stahl) Kammer leicht über 300 Grad heiß und die durch die vorbeizischenden Flammfronten andauern erhitzte Glühstiftkerze sorgt für gute Durchmischung und Verbrennung. Der durch den Flammkanal in den Zylinder eindringende Gasstrom ist schon weniger heiß und kann den Leichtmetall-Kolben nicht schädigen. Zwar hat der Kammermotor durch den Wärmeverlust in der Kammer einen niedrigeren Wirkungsgrad, er kommt jedoch in seiner Beschaffenheit den Eigenheiten der biogenen Kraftstoffe entgegen. Beim Direkteinspritzer geht der Vorteil der Kammermotoren verloren. Ein weiterer Nachteil ist die Verwendung von Mehrlochdüsen statt der Zapfendüsen. Zapfendüsen (eine Diesel-Idee) sind perfekte Konstruktionen. Sie sind vergleichsweise einfach gebaut und nichts kann sich zusetzen. Die Mehrlochdüse vermag zwar den Kraftstoff unter günstigen Bedingungen feiner versprühen, die hat sie aber im Betrieb mit naturbelassenen biogenen Treibstoffen nicht. So setzen sich u.U. eins oder mehrere der winzigen Bohrlöcher im Teillastbetrieb zu mit der unangenehmen Folge, dass sie bei Voll-Last zubleiben und die Gesamtmenge durch weniger Löcher abgespritzt wird. Der Flammstrahl wird dann länger und die Kolben werden überhitzt. Das endet in einem Totalschaden.

Der für DK konstruierte Direkteinspritzer überlebt den Dauerbetrieb mit den zähen Alternativen nur, wenn er regelmäßig auch reinen Dieselkraftstoff verarbeiten kann. Das ist beim Zweitanksystem und der vernünftigen Anwendung gegeben. Nur mit dem Intervall-Betrieb und den im Dieselkraftstoff wirksamen Additiven kann man die Schwachstellen der modernen Direkteinspritzer umgehen. Neben den Mehrlochdüsen sind das die hitzeempfindlichen Kolben, die schon schlappmachen, wenn die Bio-Kraftstoffe am besten verdampfen. Deshalb wären Stahlkolben oder wenigstens Stahleinsätze die richtige Lösung. Die baute Ludwig Elsbett in seine Dreizylinder und Dr. Kampmann von AAN in seine Stationärmotoren. Auch im reinen Dieselbetrieb hätten solche modifizierten Kolben mehr Vor- als Nachteile, die Konstrukteure sind aber auch hier auf einem Auge blind. In Zukunft wird der direkteinspritzende Dieselmotor immer mehr Terrain erobern und die Tüftler sind aufgerufen, diese Motoren pflanzenöl-tauglicher zu machen als sie jetzt sind. Mit unserer Feinsteuerung über die BioCar- Computer und der Möglichkeit, Temperaturen und Dieselmischungen an die Bedürfnisse anzupassen, sind wir auf einem guten Weg. Aber auch die neuen, synthetischen Motorenöle machen neue Probleme, die gelöst werden müssen.

Fortsetzung folgt

Übersicht BioCar Story

Copyright G.Lohmann - Letzte Änderung 12.1.2003